Arbeitswissenschaft / Ergonomie - was ist das?Der Begriff Ergonomie stammt aus der Zusammenfügung der beiden griechischen Worte Ergon" und Nomos" (Gesetz, Wissenschaft). Die frühere Einheit für Arbeit (1 Erg = 1 dyn x cm) war also namensgebend für eine Wissenschaft, die sich mit der Arbeit" befaßt. Nach einer bereits weit zurückreichenden, aber nach wie vor treffenden Definition versteht man in der Arbeitswissenschaft - anders als in der Physik - unter Arbeit das Erfüllen einer Aufgabe in einem Arbeitssystem durch das Zusammenwirken von Mensch und Betriebsmittel mit dem Arbeitsgegenstand". Arbeit spielt" sich im Grunde genommen immer in einem Regelkreis ab, in dem der Mensch als Regler fungiert. Wenn man den Regelkreis Arbeit" visualisiert, wird auch deutlich, was in der Arbeitswissenschaft in einer systematischen Vorgehensweise in Lehre und Forschung zu thematisieren ist.
Aufgaben der Arbeitswissenschaft In einer system-ergonomischen Betrachtungsweise muß stets die Optimierung der Mensch-Maschine- bzw. Mensch-Rechner-Interaktion das Ziel sein. Optimale Leistung kann jedoch nur dann zustande kommen, wenn unter Beachtung von humanen Leistungsgrenzen die technisch-organisatorisch gestaltbaren Elemente und die Fähigkeiten des Menschen aufeinander abgestimmt sind, wenn ebenso wie in rein technischen Systemen Kompatibilität zwischen den jeweiligen Systemelementen besteht. Ferner führen natürlich auch die Auswirkungen bzw. Rückwirkungen der Arbeit auf den Menschen nur dann nicht zu unerwünschten Folgeerscheinungen, wie vorzeitige Ermüdung und Demotivation, arbeitsbedingte Erkrankungen oder sogar Berufskrankheiten, wenn Arbeitssysteme nicht nur technik-orientiert, sondern sozialverträglich gestaltet sind. So hat sich die Arbeitswissenschaft als interdisziplinäres Fachgebiet - stets im Bewußtsein um die Ganzheit Mensch mit seinen physiologischen Eigengesetzlichkeiten, psychischen und sozialen Bedürfnissen - unter Beachtung gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse und nicht irgend welcher persönlicher Ansichten und Meinungen um die Gestaltung von Arbeit zu kümmern. Dabei muß einerseits der Output des Arbeitssystems hinsichtlich Qualität und Quantität bei vertretbarer Fehlerrate den Erwartungen entsprechen. In einer bilateralen Zielstellung dürfen aber auch die menschlichen Bedürfnisse nicht zu kurz kommen, muß sich auch die Beanspruchung des Menschen in vertretbaren Grenzen halten. Weil bei vielen Gestaltungsaufgaben in der Praxis Kompromisse eingegangen werden müssen, muß dazu auch Hintergrundwissen über die Priorität von manchmal gegenläufigen Zielen und über das Warum" und Wie" der einzelnen Maßnahmen bei Zielkonflikten vorhanden sein. Das hat zur Folge, daß auch das Gespür für anzuwendende Analyse-Methoden und die Fähigkeit zur problemadäquaten Beurteilung der Arbeitsbedingungen vorhanden sein muß. Das gilt für Arbeitsplätze mit Arbeitsmitteln, Arbeitsabläufe und Arbeitsinhalte, sowie für die physikalischen Arbeitsumgebungsbedingungen. Erst danach kann folgerichtig Arbeitsgestaltung betrieben werden, so wie auch die erfolgreiche Behandlung einer Erkrankung stets eine treffende Diagnose des Arztes voraussetzt. Gleiches gilt auch für die nutzerfreundliche Gestaltung von Produkten, d.h. für die Produkt-Ergonomie, für die ebenfalls eine systematische Vorgehensweise einzuschlagen ist. Die Aufgaben und Ziele der Ergonomie (international "Ergonomics") als einem etwas plakativeren Begriff für das eher sachliche Arbeitswissenschaft" können gemäß den beiden Bezeichnungen Produkt-Ergonomie" und Produktions-Ergonomie" in zwei Bereiche unterteilt werden. Zum einen wird damit die nutzerfreundliche Gestaltung von Produkten (z.B. Autos), zum anderen die menschengerechte Gestaltung der Arbeitsbedingungen bei der Herstellung von Produkten (z.B. in der Automobilindustrie) thematisiert. Produkte und Produktionsbedingungen sind nicht nur hinsichtlich ihrer technischen Realisierbarkeit kritisch zu hinterfragen und auch nicht lediglich unter ästhetischen Gesichtspunkten oder unter dem Aspekt eines gefälligen Designs zu beurteilen. Produkte, die wir Menschen nutzen - seien es Maschinen und Vorrichtungen, Geräte und Werkzeuge in der Arbeit, aber auch Gegenstände im Haushalt und täglichen Leben - sind systematisch zu analysieren und vor allem unter dem Aspekt höchstmöglicher Funktionalität im Einklang mit den menschlichen Fähigkeiten zu beurteilen. Falls die Produkte nicht kompatibel zu den Eigengesetzlichkeiten des Menschen sind, bzw. wenn sie bei ihrer Benutzung zu Ermüdung oder sogar zu Abnutzungserscheinungen von Organen und zur Gefährdung des Menschen führen, müssen Vorschläge für ihre Optimierung erarbeitet werden. Es geht also um präventiven Arbeitsschutz zur Vermeidung von Berufskrankheiten und um Produktsicherheit bzw. höchstmögliche Nutzerqualität, und zwar durch Analyse, Beurteilung und Gestaltung von Arbeitsplätzen mit Arbeitsmitteln, Arbeitsabläufen mit Arbeitsinhalten, d.h. der Arbeitsorganisation und der physikalischen Arbeitsumgebungsbedingungen. In der Arbeitsplatz- und Arbeitsmittelgestaltung
muß der Mensch das Maß aller Dinge" sein, und
Arbeitsteilung darf nicht dazu führen, daß Menschen als
Lückenbüßer" der Technik im strengen Takt von
kurzzyklischen Maschinen arbeiten müssen und als Sklaven" der
Technik zum dressierten Affen" werden. Licht und Farbe am
Arbeitsplatz und informationsgebende Arbeitsmittel sind z.B. so zu
gestalten, daß das Auge als wichtigstes Sinnesorgan die Flut von
Informationen auch noch verarbeiten kann. |
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